»Es darf sich nicht gleich anfühlen«

Der CEO der Dorint und Hommage Hotels Jörg T. Böckeler über die erlebnisorientierte Philosophie der noch jungen Luxusmarke Hommage, die Suche nach Hotels mit Persönlichkeit und über Vogelexkursionen vor dem Frühstück.

Hotel Nassauer Hof
Jörg T. Böckeler
CEO Dorint und Hommage Hotels
»Wir beschäftigen uns sehr intensiv damit, ob es eine Geschichte gibt, die das Hotel zu einer Hotelpersönlichkeit macht.«

Herr Böckeler, welche Überlegungen führten zur Lancierung der Marke Hommage Luxury Hotels Collection mit jetzt sechs Häusern?
Wir wollten eine Marke für die Häuser aufsetzen, die wir als Hotelpersönlichkeiten bezeichnen. Diese Häuser leben durch ihre eigene, ganz besondere Geschichte und bieten den Gästen ein außergewöhnliches Hotelerlebnis. Die meisten Gäste, die heute ein Luxushotel buchen, suchen ja nicht nach noch größeren Zimmern und goldenen Wasserhähnen. Sie suchen nach Erlebnissen, die sie teilen können und an die sie sich gern erinnern. Unser Bestreben als Marke ist es, die Geschichte der Hotels und die Geschichten unserer Gäste so mitzugestalten, dass sie etwas Besonderes sind und lange im Gedächtnis bleiben.

Wie beschreiben Sie also die Persönlichkeit des Parkhotel Bremen, das 2019 Ihr erstes Haus war?
Das Parkhotel spielt für Bremen eine besondere Rolle. Es gibt in Bremen kaum eine Familie, deren eigene Geschichte nicht mit dem Parkhotel verknüpft ist, sei es durch Familienfeste, Abibälle oder die besonderen Sonntage in der Kuppelhalle. Mit diesen Traditionen und seiner langen Historie ist es im Grunde die gute Stube Bremens. Das kultivieren wir und führen die Traditionen gerne fort. Dazu kommt die außergewöhnliche Lage mitten im Bürgerpark. Wir versuchen, diese Umgebung in das Hotelerlebnis miteinzubeziehen. Ein kurzer Spaziergang im Park ist da ein Anfang. Wir gehen aber noch viel weiter und bieten unseren Gästen Vogelexkursionen mit Ornithologen an. Die wissen genau, wo die Nistplätze sind und wo sich die Vögel aufhalten. Man geht frühmorgens mit Ferngläsern bestückt in den Park und hat schon vor dem Frühstück ein Naturerlebnis.

Was konkret trägt Hommage als Marke bei?
Sie bildet den Rahmen für die einzelnen Hotelpersönlichkeiten. Wir haben für die Marke ein klares Set an Werten definiert und ein Leitbild als strategische Grundlage geschaffen. Dieser Rahmen ist für alle verbindlich. So können wir unseren Kolleginnen und Kollegen vor Ort eine Linie vorgeben und trotzdem Raum für die individuelle Interpretation lassen. Unsere Gäste sollen unsere Philosophie spüren, aber dennoch zuerst das Besondere in jedem einzelnen Haus erleben. Wir setzen so den Rahmen dafür, wie wir das gewünschte Gästeerlebnis ultimativ an den einzelnen Gast bringen. Zusätzlich erledigen wir all die strukturellen Dinge für die Häuser, die eine Gesellschaft so erledigt.

Wie ist der Entscheidungsprozess, ob ein Haus zur Collection passt?
Wir machen zunächst unsere Hausaufgaben. Das bedeutet, wir beschäftigen uns sehr intensiv damit, ob es diese Geschichte gibt, die das Hotel zu einer Hotelpersönlichkeit macht. Das ist nicht so häufig der Fall. Das hat oft auch mit Tradition zu tun, mit einer Geschichte, die schon lange vor uns existiert hat. Wir nehmen diesen geschichtlichen Aspekt mit hinüber zur Marke, schneiden also nicht ab und machen neu, sondern integrieren. Der zweite Aspekt ist aber, dass wir einen klar definierten Anspruch haben. Das Hotel muss luxustauglich sein. Es muss gewisse Einrichtungen haben, die wir aus Gästesicht für wichtig halten. Wir wollen den Anspruch an der Stelle auch nicht verwässern, jedes neue Haus muss etwas zur Gruppe hinzufügen.

Können Sie Beispiele nennen?
Für die Geschichte eines Hauses ist das Maison Messmer ein gutes Beispiel. Kaiser Wilhelm I. war hier über 40 Jahre Stammgast und hat nach einem missglückten Anschlag auf sein Leben vom Balkon eben dieses Hotels seine erste Ansprache gehalten. Wenn ein Gast also heute aus seinem Fenster blickt, hat er die gleiche Sicht auf Baden-Baden wie damals der Kaiser. Wenn wir den Anspruch an die Hardware ansehen, muss ein Hommage Hotel zum Beispiel ein ikonisches Restaurantund Barangebot haben. Das Restaurant muss durch die Persönlichkeit, die dahinter steht, besonders ausgezeichnet sein. Im Düsseldorfer Kö59, das als vorerst letztes Haus zu Hommage stieß, ist das Björn Freitag. Die Bar muss im Idealfall ein Ort der Begegnung sein, die Menschen aus der Stadt mit Menschen aus dem Hotel zusammenbringt.

Ein Haus des Genusses: Maison Messmer bietet, wie alle Häuser der Hommage Collection, seinen Gästen exklusive Erlebnisse in einer traditionsreichen Umgebung.
Jörg T. Böckeler
CEO Dorint und Hommage Hotels
»Jedes neue Haus soll die Collection auch wirklich bereichern.«

Sind solche möglichen Erlebnisse ein Entscheidungsgrund für Gäste, in genau dieses Haus zu gehen?
Natürlich sind es diese Erlebnisse. Aber es ist auch die Serviceleistung unserer Hotels. Die soll immer auf einem gleich hohen Level liegen, doch jedes Haus soll individuell sein und ein hohes Maß an Authentizität haben. Es soll sich immer gleich gut anfühlen, egal ob ich meinen Kaffee an der Königsallee in Düsseldorf trinke oder auf der Düne in Rantum. Es darf sich aber eben nicht gleich anfühlen. Wir versuchen auch, die lokalen Kenntnisse aller Mitarbeiter an den Gast weiterzugeben. Wir haben Gäste, die ganz speziell in unsere Hotels kommen, weil wir ihnen durch den Personal Assistant, den früheren Concierge, alles individuell ermöglichen. Es sind oft besondere Dinge, die wir für sie organisieren können. Darum geht es bei Hommage.

Das klingt fast so, als ob Sie in Ihren Häusern Personal benötigen, das nicht unbedingt dem klassischen Berufsbild entspricht. Wie rekrutieren Sie Ihr Personal?
Wir suchen hier nicht unbedingt mit der Fachkraft-Brille. Wir suchen nach Persönlichkeiten, die das Talent und den Charakter mitbringen, um eben diese persönliche Verbindung mit dem Gast herstellen zu können. Das ist für uns deutlich wichtiger als das, was man handwerklich kann. Darum kümmern wir uns ohnehin in unseren täglichen Trainings.

Treffen Sie mit Ihrer Herangehensweise den Zeitgeist der Gäste?
Wir versuchen es. Es gibt eine sehr regelmäßige Konversation mit den Gästen. Da bekommen wir auch mit, was sich mit dem Zeitgeist verändert. So ist das Thema Nachhaltigkeit zum Beispiel in den letzten Jahren sehr wichtig geworden. Darauf müssen wir natürlich reagieren mit unserer Dienstleistung. Deshalb haben wir in allen Hotels Initiativen, die auf lokaler Ebene Nachhaltigkeit umsetzen. Auf der Ebene der Geschäftsleitung machen wir das auch zum Chefthema. Wir engagieren uns bei der Sustainable Hotel Alliance, weil es uns wichtig ist und weil unsere Gäste das zu Recht erwarten. Wir wollen auf jeder Ebene für unsere Zielgruppe exzellente Erlebnisse schaffen. Was nehmen Menschen mit von ihrem Hotelaufenthalt außer der Rechnung in der Tasche? Sie nehmen Erinnerungen mit.

Deshalb auch Ihr Claim »Where moments make memories«?
Richtig. Der Claim ist tatsächlich auch marketingtechnisch genauso entstanden. Als wir die Philosophie der Marke definiert haben, haben wir analysiert, dass die persönlichen und sehr individuellen Erlebnisse für unsere Gäste die höchste Bedeutung haben. Unsere Gäste sind in der Regel schon viel herumgekommen und haben ein gutes Bild davon, was sie von einem Luxushotel erwarten. So haben wir das »besondere Erlebnis« als ganz wesentliche Komponente in der Markenführung erkannt und festgelegt. Damit war auch klar, dass es einen Claim geben muss, der eben genau auf diese
besonderen Erlebnisse abzielt.

Woher stammte die grundsätzliche Idee zu Hommage?
Sie entstand, bevor ich Anfang 2018 zum Unternehmen gekommen bin. Es war die Vision unseres Aufsichtsratsvorsitzenden Dirk Iserlohe, der die Marke Dorint schärfen wollte. Diese Schärfung der Muttermarke konnte nur erfolgen, indem wir das existierende Hotelportfolio eingeteilt haben. Wo haben wir wirklich gute Fünf-Sterne-Hotels, die eigentlich in eine Luxusmarke gehören? Wo haben wir Hotels, die eher im Drei-Sterne-Bereich zu Hause sind? So entstand dann aus Dorint Hotels & Resorts heraus eine Drei-Marken-Strategie mit klar voneinander abgegrenzten Marken. Als COO bekam ich mit meinem Amtsantritt die Aufgabe, das Markenhaus zu bauen und die Portfoliostrategie umzusetzen.

Das klingt nach einer schönen Aufgabe für einen Hotelier.
Ich habe einen Großteil meiner Laufbahn in großen internationalen Hotelfirmen verbracht und mich damals ganz bewusst dafür entschieden, in ein eigentümergeführtes, deutsches, mittelständisches Unternehmen zu gehen. Die Möglichkeiten, Dinge anzustoßen und zu ändern und Werte zu schaffen, sind hier sehr viel größer als in einer großen Matrixorganisation. Und am Ende des Tages muss es doch der Traum eines jeden Hoteliers sein, irgendwann in seiner Karriere mal eine Marke zu bauen. Insofern war es perfektes Timing und ich bin sehr froh über diese Chance.

Die Strategie wurde in recht kurzer Zeit umgesetzt.
Das Ziel war ehrgeizig. Wir glaubten, dass 2019 zum 60. Dorint-Jubiläum ein guter Zeitpunkt sei, die Mehr-Marken-Strategie zu lancieren. Das haben wir dann tatsächlich auch im September getan. Hommage ist dann im November mit dem Parkhotel Bremen an den Start gegangen. Dass wir dann gleich die Auszeichnungen Hotel und Hotelier des Jahres verliehen bekommen haben, war natürlich eine schöne Bestätigung für unseren Weg. Jetzt wollen wir mit der Marke weiterwachsen.

Wohin wollen Sie wachsen?
Wir wollen kontrolliert wachsen und sicherstellen, dass jedes neue Haus die Collection auch wirklich bereichert. Bis Ende 2025 wollen wir drei bis vier Hotels mehr haben. Dieses Ziel ist gut erreichbar. Das Wachstum innerhalb der Gruppe kann aufgrund des Anspruchs, den wir an die Hotels stellen, nur organisch sein. Und die Art der Hotels, die wir suchen, können wir nur opportunistisch finden. Das schließt dann immer lange Gespräche, Überzeugungsarbeit und das gegenseitige Commitment mit ein, dass man gemeinsam wachsen muss.

Und in welchen Gebieten wollen Sie wachsen?
Wir haben derzeit den Fokus, nur im deutschsprachigen Raum zu wachsen. Hier haben wir die operative Infrastruktur und nutzen Synergien, die wir brauchen, um ein Haus erfolgreich zu machen. Das hat nichts damit zu tun, dass wir nicht auch außerhalb des DACH-Raums in der Vermarktung sind und distribuiert werden. Wir haben einen guten Sales-Impact mit unseren Häusern im außereuropäischen Raum und besonders im arabischen Markt. Das hilft natürlich allen Häusern der Gruppe.

Alle Ihre fünf deutschen Häuser sind unter den 101 Besten. Es war zudem erstaunlich, dass Sie innerhalb dieser kurzen Zeit den »German Brand Award« in der Kategorie »Excellent Brands Tourism« bekommen haben. Wie läuft die Wahl?
Wir sind nicht nur mit den fünf deutschen Hotels unter den 101 besten Hotels. Unser Grand Tirolia in Kitzbühel ist auch in der Rubrik »Luxuriöse Nachbarn« vertreten. Das macht uns schon sehr stolz, denn die Methodik und die Fachkenntnis dieser Auszeichnung sind etwas Besonderes in unserer Branche. Was den »German Brand Award« betrifft, ist es auch eine große Ehre, hier ausgezeichnet zu werden. Der Prozess läuft über eine Fachjury, die den Markt kennt und verfolgt. Diese Jury schlägt einen dann vor. Das ist die erste Hürde. Was die Jury in uns gesehen hat, mussten wir in einer detaillierten Präsentation untermauern. Die hat die Jury überzeugt, und auch darauf sind wir stolz.